TI PUNCH

Die Kraft der Einfachheit

Der Ti Punch fand seinen Weg in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die Barbücher. Es gibt nichts Schöneres, als in den wärmer werdenden Nächten das Leben auf den Terrassen zu genießen und dabei genüßlich einen Cocktail in der Hand zu halten. In den Bars findet sich häufig ein vertrautes Repertoire an Cocktails auf der Karte: Mojito, Caipirinha oder Daiquiri erfreuen sich größter Beliebtheit.

Der Dreiklang Rum, Limette und Zucker versprechen karibische Leichtigkeit, Raffinesse und sommerliche Frische. Die Grenzen zwischen den Dreien sind je nach Qualitätsanspruch oft fließend – für den Gast tut dies keinen Abbruch. Für einen Barkeeper, der seine Fähigkeiten auf ein höheres Niveau bringen möchte, ist es jedoch unerlässlich, sich eingehend mit den einzelnen Bestandteilen und den Unterschieden der drei Drinks zu beschäftigen. Denn nur mit der richtigen Technik lassen sie sich in die gewünschte Harmonie bringen. Für viele ist dies der Beginn eines lebenslangen Lernprozesses über die Herstellung von Spirituosen, deren Aromen sowie die Interaktion von Säure und Süße.

Die vielleicht beste Art, sich der Welt dieses Zusammenspiels zu nähern, ist ein Rum-Drink, der etwas ausserhalb des öffentlichen Bewusstseins liegt: der karibische Cousin der Caipirinha, der kleine Punch, französisch Petit Punch oder kreolisch Ti‘ Punch. Er ist das offizielle Getränk der französischsprachigen Inseln der Karibik, insbesondere Martinique. Seine Bestandteile sind eine Kombination aus grasigem, funkigem Rhum Agricole, hergestellt aus frisch gepresstem Zuckerrohr, Rohrzucker und einer Limettenscheibe. Das Rezept ist denkbar einfach und erinnert an einen Old-Fashioned, wobei in diesem Fall die Limettenscheibe den Platz der Bitters als Balance einnimmt.

Jede Insel hat in der Karibik ihre eigene Philosophie. Wie viel Limettenfleisch ist an der Limettenscheibe? Einige pressen Limettenachtel oder Limettenspalten in das Glas, was für einen gesunden Schuss Limettensaft sorgt und die Säure erheblich erhöht. Andere wiederum schneiden nur oberflächlich eine Zeste und verlassen sich auf die Zitrusöle – ohne jeglichen Saft. Rohrzucker oder Zuckerrohrsirup als Süßungsmittel? Freunde der Caiprinha bevorzugen die körnige Textur des Zuckers am Boden, andere mögen die seidenweiche Textur des Sirups. Was ist mit Eis, um es zu kühlen? Puristen werden mahnend den Finger erheben: auf gar keinen Fall! Wir bevorzugen die modernere Variante und fügen einige wenige Eiswürfel hinzu, um die Schärfe des Alkohols zu reduzieren. Die Verwendung eines Le Boi Lélé, also einem traditionell geschnitzten Holzstab, ist optional. Auf jeden Fall wird der Ti‘ Punch gerührt, denn wenn er im Shaker landet, wird er zum Daiquiri. Es ist also nachvollziehbar, weshalb der Ti‘ Punch nicht zu einem festen Rezept wurde – hier liegt der Schwerpunkt nicht auf Präzision, sondern eher auf der Verhältnismäßigkeit. Er ist zu einem Format geworden, das sich den Vorlieben der Genießer und den Bestandteilen anpasst.

Meist werden einfach ein paar Limetten, eine Flasche Rhum Agricole und Zuckersirup auf den Tisch gestellt. Der Gast ist hierdurch gefordert, sich Zeit zu nehmen. Die Spirituose wird mit der Limettenscheibe tröpfchenweise mit Zucker auf die gewünschte Trinkvorliebe eingestellt. Die Umgebung wird dabei sekundär. Der Drink steht im Mittelpunkt und erfordert die volle Aufmerksamkeit. Der geflügelte Satz, der gerne zum Ti‘ Punch serviert wird: Chacun prépare sa propre mort – jeder ist für die Zubereitung seines eigenen Todes verantwortlich.

Ti Punch

Zutaten

Glas: 

Tumbler

Garnitur:  

Limettenschalen-Twist

Zubereitung: 

Ein paar wenige Eiswürfel ins Glas geben, die Spirituose als Grundlage hinzugeben, etwa 1/4 davon mit Zuckerrohrsirup auffüllen und mit Limettensaft auf die gewünschte Trinkvorliebe einstellen. Alle Zutaten gut miteinander verrühren.